Berliner Halb-Marathon 2019

Ein Glück, der Berliner Halb-Marathon ist vorbei !

Ständig die hektischen Menschen im Wald und am Schlachtensee, als wenn sie auf der Flucht sind und nicht in der Vorbereitung auf einen Lauf. Dieses sportliche, aber doch eher despektierliche Grüßen, das mustern eines Konkurrenten, als ob man mir ansehen würde dass ich mitlaufe. Ständig die Hand heben, ständig den Satz „Nein, ich laufe nicht mit !“ artikulieren, den keiner hören will und wenn doch einer ihn aufgenommen hat, dann kommt zurück „Ich schon … und mit Bestzeit !“, obwohl er gerade im roten Bereich läuft, um mich überhaupt überholen zu können.

Nun ist aber wieder Ruhe auf meinen Laufstrecken, bis in den September hinein, wo sich wieder alle die Lunge aus dem Hals rennen, für den Berlin-Marathon. Doch nun lasse ich meine Gedanken schweifen, höre die Worte meiner Tochter, „Räum doch mal Deine gekauften Pokale aus dem Bastelkeller, die vermüllen alles !“

Der fußballspielende Sohn hat mir vor dem Loslaufen noch erklärt, das man in seiner Sportart kein Ausdauertraining braucht, weil man auf dem Platz immer wieder steht, zudem oft Anfängerpech die Niederlage besiegelt und falls ich ihm nicht glauben mag, soll ich bei Hertha anrufen. Also ich laufe, auch weil die Frau großspurig 45 km signalisierte, letzte Woche abgespult zu haben.

Naja das konnte man früher an einem Tag und warum nicht heute, wo das spannende Finale vom gestrigen Halb-Marathon, der drei Kenianer mir durch den Kopf geht. Da ich die Endzeit mir vor Augen halte von 61:01 min. und den Reporter im Hinterkopf höre, laufe ich immer schneller und bilde mir ein Carsten Eich zu sein. Doch der würde 26 sec. vor den Kenianern ins Ziel laufen, so zumindest geschehen 1993, mit Europarekord und heute immer noch bestehenden Deutschen Rekord. Wäre da der Reporter kollabiert, wo er schon bei diesem „langsamen Tempo“ ins Mikrofon schrie ? In Rotterdam liefen die Landsleute der Sieger einfach weiter und kamen beim Marathon in 2:04 Std. ins Ziel.

Da fällt mir ein, Carsten wurde damals von Wolfgang Heinig trainiert, der seinerzeit auch 'Bundestrainer Langstrecke' war und seine Frau Katrin Dörre-Heinig zur einzigen deutschen Marathon-WM-Medaille führte. Das Amt des Bundestrainers hat nun seine Frau inne, doch noch heute, im Ruhestand, trainiert er seine Tochter Katharina auf der Marathon-Strecke und die 3.000m Hindernis Europameisterin Gesa Felicitas Krause.

Mein Tempo kann ich nicht halten, eigentlich wollte ich heute auch nur ausprobieren wie die Galloway-Trainingsmethode bei mir funktioniert, doch bei den Emotionen wusste ich gar nicht mehr, wie lange ich laufen und gehen durfte und welche Reihenfolge, denn der Zielsprint hat mich erschöpft.

Es geht aber weiter, denn die erste Frau von gestern motiviert mich mit ihrem Streckenrekord von 65 min. und nur knappen 4min. hinter den Männer-Siegern, die zugleich vor den Läufern des neu gegründeten 'SCC Events Pro Team' einlief. Vielleicht haben die auch nur der Niederländerin den Vortritt gelassen, obwohl deren Trainingslagerreisen sowie -vorbereitungen in mir mehr erwarten ließ. Zumal andere „echte“ Berliner Läufer, wie unser Lennart Sponar, ohne je ein Trainingslager wahrgenommen oder mitgemacht zu haben, schon 2008 schneller waren.

Aber aller Anfang ist schwer, das dachte sicherlich auch Richard Ringer. Der beste deutsche Bahnläufer über 5.000 und 10.000m der letzten Jahre, mit Zeiten, die einen an Dieter Baumann's Ära erinnern lassen. Doch den Halb-Marathon in Berlin zu laufen und nicht am selbigen Tag in Freiburg bei den Deutschen Meisterschaften, wo er mit der Zeit gewonnen hätte und nicht mit gequältem Gesichtsausdruck als 7. Platzierter untergeht, fand ich dem DLV gegenüber als unpassend. Doch die Wertigkeit wird wohl eher in Euro als Medaillen gezählt, wo durchaus auch mal drüber nachgedacht werden darf, wenn es schon zu Terminüberschneidungen kommt und immer wieder kommen wird, eine Meisterschaft attraktiver zu gestalten oder gleich an die Laufevent-Hochburgen zu vergeben.

Nun geht es mit mir dem Ende zu, viel zu warm angezogen, empfinde ich nach, wie es vielen gestern ergangen ist. Es sind reihenweise Teilnehmer/innen dehydriert umgekippt, der Körper war noch nicht an die Wärme gewöhnt, wo vor kurzem noch alle gefroren haben. Mit langen Hosen möchte ich jetzt gar nicht laufen mögen, aber auch das gab es, wo man die Kenianer letzte Woche noch beim Wintermänteleinkauf gesichtet hat.

In meinen Augen, nun laufend endend, empfinde ich die erbrachten Leistungen in Berlin mit neuer Streckenführung, Hannover und Rotterdam, für den Einstieg in die Saison 2019 als gelungen sowie ausbaufähig. Wer in Rom Marathon lief wurde pudelnass, wo ich mich nun freue, neben einem Pudel zum Stehen zu kommen und es nicht regnet, da er sich gerade schüttelt.

Volkmar Scholz

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